Der ewige Mann auf hebräisch

Deutsche Science Fiction, Phantastische und andere Trivialliteratur in Israel.

von Eli Eshed (Übersetzung aus dem englischen und Anmerkungen: Willi Diwo)

 

Dieser Artikel wurde ursprünglich als ein Artikel über PERRY RHODAN begonnen, der in der hebräischen Übersetzung DER EWIGE MANN betitelt ist, in dem ich die Charaktere und die Geschichte von Rhodan und Atlan israelischen SF-Lesern darstellte und von dem die große Mehrheit in Israel noch nie etwas gehört hatte.

Als ich von Willi Diwo gebeten wurde, den Artikel ins Englische zugunsten der fremdsprachigen und besonders der deutschen Leser zu übersetzen, entschied ich mich, ihn drastisch zu verbessern und etwas abzuändern, da die meisten deutschen Leser nichts Neues in der Geschichte von Rhodan und von Co finden, welche ich den hebräischen Lesern dargestellt hatte.

 

 

Deutsche SF und Phantastik in Israel

 

Resultierend aus dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust waren allgemein deutsche Literatur und deutsche Phantastische Literatur insbesondere in Israel praktisch verboten. Die Geschichten der Gebrüder Grimm1, einst viel übersetzt, wurden als "schlechter Einfluss" mit Betonung auf Horror und Grausamkeiten betrachtet. Jedoch ist diese Abscheu bereits vor etlichen Jahren verschwunden und heutzutage gibt es wieder einige Komplettausgaben der Märchen der Gebrüder Grimm auf hebräisch.

Andererseits sind die Opern von Wagner2, insbesondere seine mythologischen, noch immer verboten, da sie im Ruf stehen, großen Einfluss auf Hitler und die Nazis gehabt zu haben. Dieses Verbot zeichnete sich bereits ab, bevor der Zweite Weltkrieg für viele Jahre die Quelle dieser Hauptkontroverse in Israel wurde, und es gibt viele Musiker, die sich um ein Ende dieses Verbots bemühen. Diese Auseinandersetzung ist Gegenstand mehrerer Bücher und erst vor Kurzem war eine ganze Ausgabe des Geschichtsmagazins ZMANIN3 (=ZEITEN) mit verschiedenen Artikeln Wagner, seinen Opern und der Kontroverse um sie gewidmet. Wagner ist auch heute noch ein spezieller Fall. (Das Nibelungenepos, auf dem eines der umstrittensten Opernwerke Wagners basiert, wurde mindestens zweimal ins Hebräische übersetzt.

Vor dem Zweiten Weltkrieg gab es keine Probleme mit deutscher Literatur und vieles wurde ins Hebräische übersetzt. Der am meisten bekannte deutschsprachige SF-Autor (und tatsächlich der einzige bekannte) in Israel ist der Gründer des Zionismus Theodor Herzl, ein österreichischer Schriftsteller4. Herzl hatte einen utopischen Roman über den künftigen Zustand Palästinas mit dem Titel ALTNEULAND geschrieben, dessen hebräischer Titel Pate stand für den Namen der ersten hebräischen Stadt, Tel Aviv5. Im Oktober 2002 war der 100. Jahrestag dieses Buches und es wurde auf hebräisch neu aufgelegt.

Herzl war es auch, der 1900 die erste auf deutsch erschienene (und eine der ersten überhaupt!) Alternativ-Story schrieb: „Der Unterheimer Bonaparte“6 über eine abweichende Geschichte, in der Napoleon um 1795 eine Karriere in der Wirtschaft anstelle des Militärs mit dem Resultat wählte, daß Frankreich am Ende des 18. Jahrhunderts zur Monarchie zurückkehrte. In Wirklichkeit ist dieses die erste Story einer Alternativgeschichte, in der die Änderungen dem überraschten Leser als Realität dargestellt werden, ohne zu versuchen, sie als Traum oder etwas ähnliches zu erklären, gerade wie moderne Parallelweltstories.

Herzl schrieb auch die Phantastisk-Geschichte SOLON IN LYDIA, nach der er auch ein Schauspiel benannte - ein Stück zur Zeit des griechischen Führers Solon, in dem er lange vor seiner Zeit einen Wissenschaftler antrifft, der etwas erfindet, das man heutzutage Nanotechnologie nennen würde und im Ergebnis totalem sozialem Chaos sehr ähnlich ist. Die Geschichte und das Schauspiel sind die besten literarischen Arbeiten von Herzl.

Das weithin bekannteste Phantastische Werk deutschen Ursprungs sind die Lügengeschichten Münchhausens, die in vielen Versionen auf hebräisch vor dem Weltkrieg und danach erschienen sind, einschließlich der deutschen Version Gustav Adolf Bürgers7.

Eines der bekanntesten deutschen Literaturwerke, DER FAUST von Goethe8, wurde seit dem 19. Jahrhundert mehrfach übersetzt.

Deutsche Phantastik-Autoren des 19. Jahrhunderts sind in Israel nicht sonderlich bekannt mit Ausnahme von William Hauff9, der immer viel übersetzt wurde, einige seiner Geschichten wurden in Israel als Kinderspiele und Marionettenspiele dargestellt.

Der frühe Phantastik-Autor Ernst Theodor Amadeus (E.T.A.) Hoffmann10 wurde erst in den letzten Jahren übersetzt, gleichwohl hat er einen starken Einfluss auf israelische Schriftsteller (und auch manche Phantastik-Schriftsteller) und Kritiker wie den deutschen Redner Reuven Kritz11. 1975 publizierte Kritz die erste und bis heute wohl einzige Forschungsarbeit auf hebräisch über Phantastische Literatur, die auch eine gründliche literarische Untersuchung der Geschichten von Hoffmann beinhaltet. Erst kürzlich (1997) veröffentlichte Kritz unter dem Pseudonym „Ricky Keller“ beim Verlag SIFREY GAT das Buch SIPUREY HOFFMANN (engl.:„Hoffmann‘S Tales in Tel Aviv“), ein moderner Phantastik-Roman, der tief durch Hoffmanns Geschichten beeinflußt wird und in welcher einer der zentralen Charaktere „Hoffmann“ genannt wird, aber diese Art des Einflusses ist bei deutschen Fantasy-Autoren heute ziemlich selten12.

Auch vor dem Weltkrieg wurde nicht viel Science Fiction oder Phantastik ins Hebräische übersetzt. Ausnahmen waren Bernhard Kellermanns13 Roman DER TUNNEL über den Bau eines Transatlantiktunnels (der vor einigen Jahren neu übersetzt wurde) und zwei Bücher von F. W. Mader14 über die alte Stadt Ophar in Afrika, die ziemlich populär waren und in den 70ern wieder übersetzt wurden. Andererseits wurden weithin bekannte Science Fiction- und Utopische Romane dieser Periode wie die von Alfred Dublin, Franz Werfel und Kurt Lasswitz nie übersetzt (lediglich Non-Phantastik der ersten beiden Schriftsteller). Erst in den letzten Jahren wurden Werke der Schriftsteller Gustav Meyrink15 (1997 sein wohl bekanntestes Werk DER GOLEM) und Leo Perutz16 (der etliche Jahre unerkannt in Israel lebte) übersetzt und bekannt. Kafka17 andererseits wurde natürlich ebenfalls viel übersetzt, allerdings kaum eines seiner phantastischen Werke.

 

 

Nach dem Krieg

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg war die deutsche Kultur für viele Jahre praktisch verboten, mit Ausnahme einiger Schriftsteller des 19. Jahrhunderts, sowie Thomas Mann18, dem Kinderbuchautor Erich Kästner (der in Israel sehr populär ist) und vor allem Karl May19. Karl May ist eine seltsame Ausnahme. Es war überall bekannt, daß er Hitlers Lieblingsautor war und starken imaginären Einfluß auf ihn ausgeübt hatte, mehr noch als Wagner, aber dies hielt niemanden davon ab, ihn zu übersetzen und zu lesen. Die Übersetzungen erschienen inmitten des Zweiten Weltkrieges, als praktisch keine andere deutsche Literatur mehr übersetzt wurde und dies auch für lange Jahre beibehalten wurde. Meine Meinung dazu ist, daß er so beliebt war, weil seine Übersetzer wußten, welchen Einfluß er auf die Jugendbewegungen in Zentraleuropa hatte und sich den gleichen abenteuerlichen und „männlichen“ Einfluß in Israel für die Leser wünschten. Ohnehin ist er der am häufigsten ins Hebräische übersetzte deutsche Schriftsteller (mehr als fünfzig seiner Werke wurden teils wiederholt, übersetzt), wenn wir den Trivialschriftsteller Dan Shocker20 ignorieren. Dessen Abenteuergeschichten rangieren in Israel in der Beliebtheitsskala an zweiter Stelle hinter Tarzan (ein Link zu einem Artikel auf englisch über die israelischen Tarzan-Stories befindet sich am Ende dieses Aufsatzes).

Die May-Geschichten waren so beliebt, daß es zu Beginn der Sechziger Jahre mindestens eine (möglicherweise sogar mehrere) original hebräische Serien der Abenteuer von Winnetou’s Halbblutsohn „Weißer Falke“ an der Seite Old Shatterhands und der anderen Helden, die nach seines Vaters Tod handeln, gab. Der Erfolg Karl Mays in Israel (besonders zu den Zeiten, als die antideutschen Gefühle von den 40ern bis zu den Siebziger Jahren am stärksten waren) ist ein unglaubliches Phänomen, dem ich in meinem Buch Metarzan vead Zbeng (=Von TARZAN ZU ZBENG)21 über die Geschichte der israelischen populären Literatur ein ganzes Kapitel gewidmet hatte. Während deutsche Hochliteratur in den Sechziger Jahren in Israel fast nicht existent war, war die deutsche Trivialliteratur ziemlich beliebt.

Ein Trivialverleger, Uri Shalgi vom RAMDOR-Verlag, kannte und liebte die deutsche Trivialliteratur und hielt sie für die beste ihrer Art. Seiner Meinung nach waren die deutschen Western besser als die der Amerikaner, er übersetzte und veröffentlichte Hunderte von ihnen ins Hebräische22. Einige Romane der G. F. UNGER23-Serie wurden mit ihrer originalen Deutlichkeit übersetzt, aber im Hebräischen teilweise drastisch überarbeitet und die Helden so abgeändert, daß sie in ursprünglich hebräischen Reihen über Westernkämpfer wie RINGO und BILL CARTER paßten, die manchmal über mehrere hundert Titel liefen (einige waren ursprünglich hebräische, etliche von deutschen Reihen adaptiert und nur sehr, sehr wenige aus dem englischen Sprachraum) und an die sich noch viele Leser gerne erinnern.

RAMDOR übersetzte auch andere deutsche Trivialliteratur wie CLIFF MORRIS (von dem 1967-1968 12 Romane übersetzt wurden), JERRY COTTON und KOMMISSAR X24, von jedem gewöhnlich nur einige wenige Titel, da sie in Israel nicht sehr bekannt waren und einige andere Serien, die ich bisher nicht identifizieren konnte. Ich vermute, daß die Mehrheit, vielleicht sogar alle Trivialtitel von RAMDOR (es gab Tausende!) deutschen Ursprungs sind und dort „ausgeliehen“ wurden. Als ich in Deutschland einmal ein Buchantiquariat besuchte, war ich sehr überrascht, viele Trivialromane mit bekannten Titelbildern zu finden, von denen ich angenommen hatte, sie seien israelischen Ursprungs.

So erschienen 1974 vier Titel der Serie Butler Parker, 1976-1977 vier Titel der Serie KUNG FU, sowie 3 LASSITER-Romane, die deutschen Ursprungs sind.25

 

 

Science Fiction und Perry Rhodan

 

Neben vielen Western, Kriminal- und Spionageromanen veröffentlichte RAMDOR in den Sechzigern auch vier SF-Titel, von denen ich vermute, daß drei entweder hebräische Originale oder aber deutsche Titel sind (es ist schwierig, dies festzustellen, da es beides sein könnte). Der beste Roman, der um 1963 veröffentlicht wurde, betitelt sich in der Übersetzung Invasion vom Weltall von „Sherman Denver“26 (offensichtlich das Pseudonym des hebräischen oder deutschen Autors). Es wird beschrieben, wie eine Mannschaft von irdischen Raumfahrern auf dem Sirius eine alte Alienbasis mit robotischen Überlebenden eines alten Krieges entdeckt, in dem die Feinde die Väter des gegenwärtigen Menschengeschlechtes waren. Aufgrund der „Ancient Astronauts“ Idee könnte der Roman möglicherweise deutschen Ursprungs sein. Ein weiterer Roman von „Kliff Hadigan“27 von 1961 betitelt sich in der Übersetzung WELTEN IM ZUSAMMENSTOSS und beschreibt eine Welt, auf der es zwei Supermächte gibt, eine im Westen und die zweite ein vereinigtes Afrika, regiert von Ägypten durch einen arabischen Diktator. Der Krieg zwischen den Mächten wird durch überlegene Außerirdische entschieden,, die sich entschließen, den Westen zu unterstützen. Auch diese Story ist entweder deutschen oder hebräischen Ursprungs. Ein dritter solcher Roman von RAMDOR, in der Übersetzung WELTRAUMSCHÄTZE von „Dirk Fichergald“28 (1963) beschreibt die Abenteuer von Minenarbeitern auf den Asteroiden, die korrupte Weltraumpolizisten bekämpfen. Sollte jemand die Originalromane im Deutschen kennen, bitte ich um Mitteilung.

 

 

Perry Rhodan auf hebräisch

 

RAMDOR war nicht der einzige israelische Verlag mit deutscher Trivialliteratur. Bereits 1965 hatte ein Verlag namens SHACHAK die ersten vier Perry Rhodan-Ausgaben veröffentlicht und eine fünfte Ausgabe angekündigt, die allerdings nie erschienen ist. Sowohl die Titelbilder als auch der Originaltext stammten aus Deutschland. Wie es scheint, handelt es sich um die erste Auslandsausgabe der Rhodan-Romane überhaupt, denn die erste den deutschen Verlegern bekannte Übersetzung von 1966 erschien in Frankreich. Offensichtlich handelte es sich [bei der hebräischen] um eine Raubübersetzung mit beschränkten Stückzahlen. Heutzutage gehören jene Ausgaben zu den seltensten hebräischen SF-Ausgaben überhaupt. Mir ist nur ein Sammler bekannt, der im Besitz aller vier erschienenen Ausgaben ist, und sogar die „National Library of Israel“, die von sich behauptet, alle auf hebräisch herausgegebenen Bücher zu besitzen, haben nur den 1. Band.

Rhodan erschien wieder auf hebräisch im Jahre 1979 bei RAMDOR. Aber diesmal stammten die Übersetzungen nicht vom deutschen Original, sondern von den amerikanischen Ausgaben29. Es erschienen vier Bände mit jeweils zwei Romanen, wie bei den amerikanischen Ausgaben auch. Infolgedessen sind die Stories der ersten beiden Bände mit den vier bereits in den Sechzigern bei SHACHAK erschienenen identisch, liegen aber in einer anderen Übersetzung vor. Die restlichen beiden Bände beinhalten vier weitere Folgen.

Und so endet die Geschichte der Perry Rhodan-Serie in Israel bereits wieder, anscheinend war sie nicht erfolgreich genug. Aber da gibt es ein kurioses Streiflicht zu beachten: „THE WORLD ENCYCLOPEDYA OF COMICS behauptet, es gäbe eine hebräische Ausgabe der deutschen Rhodan Comics [der Siebziger Jahre]. Ich dagegen als Experte für israelische Comics weiß nichts darüber und ich denke, daß diese Information entweder ein Fehler war, oder möglicherweise die Rechte der deutschen Comics an irgendeinen Israeli verkauft wurden, der die Rechte dann nicht nutzte. Die naheliegendste Verbindung zu einem Rhodan-Comic auf hebräisch wurde 1985 in der Kinderzeitschrift MISHMAR LEYLADIM30 veröffentlicht. Es handelte sich um eine Space-Opera, die sich in der Übersetzung „Der geheimnisvolle Planet“ betitelt, geschrieben von DARLTON (eventuell der Perry Rhodan-Schriftsteller?) und gezeichnet von ZORAD31. Die Story war ein typisches Weltraumabenteuer, aber Rhodan und Atlan tauchten in dieser Story nicht auf.

 

 

Weitere deutsche Massenliteratur in Israel

Die erfolgreichste deutsche Trivialreihe in Israel überhaupt war die LARRY BRENT-Reihe von Dan Shocker. 114 Titel wurden zwischen 1971 und 1982 in Israel veröffentlicht, einige davon stammen im hebräischen Original von israelischen Autoren, die eigene Abenteuer von Larry Brent & Co niederschrieben. Diese Bände sind in guter Erinnerung und werden sehr gesucht, da sie ziemlich selten sind. Ein ganzes Kapitel in FROM TARZAN TO ZBENG ist dieser populären Reihe gewidmet. Ein Internetlink zum entsprechenden hebräischen Artikel befindet sich am Ende dieses Beitrages.

Unterdessen erschienen auch weitere Western bei RAMDOR, eventuell auch weitere Science Fiction (von einem Autor namens „Roll Birkanse“32 erschienen 1979 drei Bände, es kann sich durchaus um einen unbekannten hebräischen Schriftsteller oder einer Übersetzung aus dem Deutschen gehandelt haben) von den Siebzigern bis Anfang der Achtziger Jahre

1994 entschied Shalgi, der seine „regelmäßigen“ Trivialveröffentlichungen für etliche Jahre eingestellt hatte, einige seiner alten Pulpserien noch einmal aufzulegen, diesmal als Hardcover und nicht als Taschenbücher, wie seinerzeit üblich und schloß auch eine Neuauflage eines der (schlechtesten) SHOCKER-Bände mit ein, der prompt erfolglos blieb. Ein Jahr später, 1995 versuchte er es mit neuen Übersetzungen von G.F. UNGER-Western im neuen deutschen Magazinformat, aber der Erfolg wiederholte sich nicht und es blieb bei nur vier solchen Titeln. Ebenfalls um 1995 veröffentlichte Shalgi vier neue Hardcover von JERRY COTTON, die ebenfalls nicht viel Beachtung fanden. Shalgi, der auch nach 45 Jahren aktiv ist, veröffentlichte seitdem keine dieser Stories mehr. Dies war wirklich das Ende sowohl von Western als auch anderer Trivialliteratur-Industrie in Israel.

Der deutsche Autor Michael Ende33 ist in Israel ziemlich bekannt, besonders durch DIE UNENDLICHE GESCHICHTE und seine anderen Werke. Auch der deutsche Autor Günter Grass34 ist in Israel sehr populär und auch seine Phantastik-Geschichten gewannen durch seine literarischen Arbeiten sehr viel Aufmerksamkeit. Eine andere, weithin bekannte Arbeit deutscher Phantasie in Israel ist Stefan Heyms35 AHASVER (1981, engl.: THE WANDERING JEW). Auch erst in jüngster Zeit wurden wurden die historischen Phantastischen Romane von Harald Braem36 HEM-ON DER ÄGYPTER und sein Werk über Gilgamesch übersetzt. Dann erschienen noch zwei Phantatische Romane des österreichischen Schriftstellers Christoph Ransmayr37 (u.a. DIE LETZTE WEL)T in Übersetzung sowie zwei mythologische Romane von Christa Wolf38 über KASSANDRA und MEDEA(-STIMMEN), sowie von Marlen Haushofer39, einer österreichichen Schriftstellerin, DIE WAND, einen phantastischen Roman (1992) über eine Frau in einer Glas-Sphäre, aber dies sind Ausnahmefälle. Andere intellektuelle deutsche Science Fiction und Phantastik blieben in Israel unbekannt. So kann durchaus gesagt werden, daß, während deutsche Hochliteratur über viele Jahre hinweg in Israel abgelehnt und verboten wurde, die „niedere“ Trivialliteratur von Karl May bis hin zu Dan Shocker in Israel unglaublich populär war und entscheidenden Einfluß auf die eigene israelische Trivialliteratur und die Kunst nahm. Zum Beispiel gab es viel mehr deutsche als amerikanische Western, die ins Hebräische übersetzt wurden, obwohl die wenigsten Leser vom deutschen Ursprung der Stories wußten und glaubten, Übersetzungen aus Amerika vor sich zu haben.. Die Verleger hatten auch nie vor, ihre Leser in diesem Sinne darüber aufzuklären und zuzugeben, daß die Shocker-Reihe nicht nur aus Europa, sondern direkt aus Deutschland kam, obwohl dies in den Siebzigern bereits relativ „sicher“ war.

 

 

Perry Rhodan und Erich von Däniken

 

 

(Hierbei handelt es sich um einen Rest des ursprünglichen, bislang lediglich auf hebräisch erschienenen Artikels THE ETERNAL MAN)

Eines der wichtigsten Elemente der Rhodan-Serie ist die Idee, daß Außerirdische die Erde besucht hatten und die Entwicklungsgeschichte der Menschheit vorangetrieben haben. Das zentrale Symbol dieser Idee ist der Arkonide ATLAN, der auf der Erde als ein Unsterblicher seit dem Jahre 8000 v.Chr.40 lebte. Atlan sollte ursprünglich den Namen AHASVER bekommen, wie der „ewige Jude“, aber aus verschiedenen Gründen (und möglicherweise, um Anschuldigungen von Antisemiten zu entgehen) änderten die Autoren den Namen in das besser klingende ATLAN41.

In verschiedenen Comics und Romanen wurde in sogenannten „Zeitabenteuern“ Atlans auch die jüdische Geschichte gestreift, so hatte er die Zerstörung von Sodom und Gomorra durch andere Außerirdische miterlebt, half einem ägytischen Führer bei der Eroberung von Megiddo und dem jungen David, Goliath (mit einer Bombe) zu besiegen42. Er war ein persönlicher Freund des Königs Salomo und versuchte im Mittelalter vergeblich, den Inquisitor Torquemado davon abzuhalten, die Juden aus dem spanischen Königreich zu verjagen

Seit den ersten Romanen war die „Ancient Astronaut“-Idee ein wichtiges Element der Serie. Einer der Autoren, Walter Ernsting43, ist tatsächlich ein persönlicher Freund des berühmtesten Verfechters jener Ideen, Erich von Däniken44 (obwohl er bereits mit solchen Gedanken in seinen Romanen spielte, bevor er von Däniken überhaupt kennengelernt hatte) und sie unternahmen sogar zusammen Reisen, um nach Zeichen jener in der Vergangenheit auf der Erde gelandeten Außerirdischen zu suchen.

Ernsting hatte sogar ein „Sach“-Buch mit dem Titel DER TAG, AN DEM DIE GÖTTER STARBEN veröffentlicht (das Einzige außerhalb seiner Rhodan-Romane, das ins Englische übersetzt wurde – THE DAY THE GODS DIED)45 das starke autobiographische Elemente zu enthalten scheint und die Geschichte seiner Abenteuerreise mit von Däniken erzählt (während eines Urlaubs vom Schreiben von Perry Rhodan-Romanen). Als sie in Südamerika eine Zeitreise unternehmen, treffen sie mehrere Außerirdische...Das Buch beinhaltet eine Einleitung von Dänikens (der das Manuskript während seines Gefängnisaufenthaltes gelesen hatte), in der dieser angibt, jedes Wort sei wahr...

Man kann nicht sicher wissen, ob es sich bei diesem Buch um eine Parodie handelt oder es Ernsting tatsächlich ernst mit dieser seltsamen Story war. In der englischen Ausgabe wurde das Buch als „non fiction“, ähnlich wie von Dänikens Bücher, veröffentlicht.

Von Däniken selbst scheint sehr von den Rhodan- und Atlan-Stories beeinflußt worden zu sein, der Originaltitel seines ersten und berühmtestes Buches wurde einem Rhodan-Roman entnommen46. Auch findet sich in einem seiner Bücher das Bild eines Perry Rhodan-Raumschiffs, als Beispiel, wie künftige Raumschiffe aussehen könnten47.

In seinem dritten Buch AUSSAAT UND KOSMOS erklärte er den Lesern eine ähnliche Geschichte wie in DER TAG AN DEM DIE GÖTTER STARBEN, wie er merkwürdige Tunnel voller Gold in Südamerika besucht hätte – eine Geschichte, die schließlich als völlig erfunden ermittelt wurde, obwohl von Däniken sie als Wahrheit präsentiert hatte. Im gleichen Buch spekulierte er, daß die Außerirdischen die menschliche Rasse erschaffen hätten, die besiegten Überlebenden eines Weltraumkrieges gewesen seien, ähnlich wie in den Geschichten, die sein Freund Ernsting in der Perry Rhodan-Serie es beschrieben hatte.

Ein Wunder, wieviele seiner Ideen von Däniken beim Lesen von Perry Rhodan Romanen bekam...

 

 

 

Anmerkungen des Übersetzers:

Im Zuge meiner Recherchen über die hebräischen Perry Rhodan-Ausgaben (ein entsprechender Artikel erscheint im April 2003 im Perry Rhodan-Report) stieß ich durch Empfehlung von Frau Inbal Saggiv-Nakdimon auf DEN Spezialisten für Science Fiction und Comics in Israel überhaupt, Eli Eshed. Es entwickelte sich eine noch andauernde Konversation per e-Mail, in der ich Eli etliche Fragen über deutsche Science Fiction und Fantasy beantwortete. Es stellte sich heraus, daß nicht nur phantastisches Schriftgut, sondern auch eine ganze Menge Titelbilder deutscher Illustratoren für hebräische Publikationen „herhalten“ mussten.

Den Ausdruck „Pulp“, den Eshed in seinem englischen Text verwendet, habe ich durchgängig mit „Trivial-„ übersetzt, da der ursprüngliche Sinn „Schmutz, Schund“ für die auf billigem Papier (pulp, engl. = Brei, im amerikanischen auch für Schundliteratur) gedruckten Massenromane m.E. zu negativ belastet ist.

Ebenso übersetzte ich die häufig benutzte Floskel „fantasy“ vornehmlich mit „Phantastisch“, denn Märchen, Romane und Novellen der Gebrüder Grimm, Wilhelm Hauff, Günther Grass oder Theodor Herzl als „Fantasy“ zu bezeichnen, erschien mir etwas gewagt.

Allgemein zur Namensschreibung im englischen Ursprungstext möchte ich anmerken, daß Eli Eshed bei der Transskription aus dem Hebräischen den einen oder anderen lateinischen Buchstaben verwechselt bzw. vergessen hat. Ich habe nach Möglichkeit die allgemein übliche Schreibweise „wiederhergestellt“, wobei allerdings zumindest die Schreibweise der von mir nicht ermittelten Autoren „Sherman Denver“, „Kliff Hadigan“, „Dirk Fichergald“ und „Roll Birkanse“ nicht gesichert ist.

Ich bitte, bei dem vorliegenden Artikel zu bedenken, daß ich kein ausgebildeter Übersetzer bin und sehr oft ein Wörterbuch zu Hilfe nehmen musste.

 

 

 

 

Fußnoten:

1 Grimm, Jacob, Ludwig Karl, Dt. Forscher u. Begründer der wissenschaftlichen Germanistik (*04.01.1785 Hanau, † 20.9.1863 Berlin) und Grimm, Wilhelm Karl, Dt. Gelehrter und Dichter (*24.2.1786 Hanau, † 16.12.1859 Berlin)

2 Wagner, Richard, Dt. Musiker (22.5.1813 Leipzig, † 13.2.1883 Venedig)

3 Publiziert von der „School of History“ an der Universität Tel Aviv

4 Theodor Herzl, jüdischer Schriftsteller, Journalist und Politiker, (*2.5. 1860 Budapest, † 3.7.1904 Edlach/Niederösterreich)

5 „Originally named Ahuzat Bayit, it was founded by 60 families in 1909 as a Jewish neighborhood near Jaffa. In 1910, the name was changed to Tel Aviv, meaning "hill of spring." The name was taken from Ezekiel 3:15, "...and I came to the exiles at Tel Aviv," and from a reference in Herzl's novel Altneuland, in which he foresaw the future Jewish state as a socialist utopia. (http://www.us-israel.org/jsource/vie/Telaviv.html)

6 in: Theodor Herzl: „Philosophische Schriften“ (1900)

7 Bürger, Gottfried August, Dt. Dichter, übersetzte und erweiterte die Münchhausen-Erzählungen von R.E. Raspe (*31.12.1747 Molmersweide/Harz, † 8.6.1794 Göttingen)

8 Goethe, Johann Wolfgang (von – seit 1782), Dt. Dichter (*28.8.1749, † 22.3.1832 Weimar)

9 Hauff, Wilhelm, Dt. Dichter (*29.11.1802 Stuttgart, † 19.11.1827 Stuttgart)

10 E.T.A. Hoffmann, Dt. Dichter (*24.1.1776 Königsberg, † 25.6.1822 Berlin)

11 Kritz, Prof. Dr. Reuven, Professor für Hebräische und Jüdische Literatur, Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg

12 Hier irrt Eli Eshed, man denke nur an Clark Darltons Perry Rhodan-Romane, in denen es von Reminszenzen an Zeitgenossen nur so wimmelt (siehe: Jürgen Nowak: R wie Rhodan, SFCD-Sonderdruck Nr. 4, 1997 (Neuauflage eines Fanzines von 1967)

13 Kellermann, Bernhard, Dt. Schriftsteller (*4.3.1879 Fürth, † 17.10.1951 Potsdam

14 Mader, Friedrich Wilhelm, Dt. Schriftsteller (* 1866, † 1947)

15 Meyrink, Gustav, Dt. Schriftsteller (* 19.1.1868 Wien, † 4.12.1932 Starnberg)

16 Perutz, Leo, Österr. Schriftsteller, (*2.11.1884 Prag, † 25.8.1957 Bad Ischl, lebte seit 1938 in Tel Aviv)

17 Kafka, Franz, Österr. Dichter (*3.7.1883 Prag, † 3.6.1924 Wien)

18 Mann, Thomas, Dt. Dichter (*6.6.1875 Lübeck, † 12.8.1955 Kilchberg/Schweiz)

19 May, Karl, Dt. Schriftsteller (*25.2.1842 Hohenstein-Ernstthal, † 30.3.1912 Radebeul)

20 Shocker, Dan = Pseudonym des Dt. Schriftstellers Jürgen Grasmück (*23.1.1940 Hanau)

21 Das Buch ist 2002 bei BABEL Publishing, Israel auf hebräisch erschienen!

ZBENG von Uri Fink ist Israels erfolgreichster Comic Strip

22 Aus einer ergänzenden e-Mail des Autors an den Übersetzer

„As I wrote you besid all of this there is also impossible to dertermine number of German westerns which were completly adapted and their autore and Hero name was changed to become parts long running series BILL CARTER (some 1000 titles about Texas ranger who becomes latter federal marshal) by A. BALMER (Ramdor house name ) and RINGO (some 250 titles about wandering gunfighter whose indentity can change from book to book ) by Jafe Maknemara (another house name of RAMDOR). I encounter some such titles from the 70s in which the original German title was actually kept in the credit. But usually this is not the case and so usually it is hard to tell (though somtime not impossible ) where it is German (or in rarer cases English) adaption and where it is a Hebrew original. The covers anyway seem to be in most cases German.“

23 Unger, Gert Fritz, Dt. Schriftsteller, mehr als 700 Western-Romane (*23.3.1921 Breslau)

24 Die folgende Auflistung stammt aus einer weiteren e-Mail Eli Esheds an den Übersetzer:

„There was apperently only one COMMISAR X book in Hebrew published by Ramdor at 1969 so the German pulp series published here are :

JERRY COTTON (some 8 books at all in their 2 versions)

CLIFF MORRIS (12 books)

COMMISAR X (1 book)

LARRY BRANT HORROR SERIES (114 books including some which are not about Brant)

PERRY RHODAN ( 8 stories at all)

KUNG FU ( 4 books)

BUTLER PARKER ( 4 books)

LASSITER ( 2 books)

and some 17 books at least of G. F. UNGER at various series and times

As for the UNGER BOOKS ...I noticed that some of them in translation are written in the present tense which is quite unusual. Is it special to the Unger westerns in Germany or it quite common ? I ask since some single westerns which were published by Ramdor at the beggining of the 60s as by A. BALMER or ALLAN COOPER (Israeli pen names) were written just in this way which was quite rare. I almost certain that they were translations from German and perheps specifically from Unger.

Darauf schrieb ich ihm folgende Antwort:

„The present tence is a unusual style form in Germany, too, I know only two or three criminal stories and several western (most written like diary), with this, and in the Perry Rhodan universe, there are only a few stories about Atlan as Ego-tales, who were written in present. With one except. The first two Perry Rhodan-novels ("Unternehmen STARDUST" and "Die Dritte Macht") which are originally in the past, were published in 1966 in the youth magazine "OK" as continues stories in the present style. Actually, some chapters of the Kosmos-Chronik #2 "Alaska Saedelaere“ from Hubert Haensel (published Oct.2002) are written in present, too. But that's all.

25 Eine weitere nachträgliche Ergänzung von Eli Eshed via e-Mail, die im Originaltext nicht enthalten ist, aber noch im Text geändert werden konnte.

26 Trotz ausgedehnter Recherchen konnte ich bisher nichts über diesen Autor herausfinden.

27 siehe 26

28 siehe 26

29 ACE Books, New York, USA (1969-1976)

30 Ein Kibbuz-Jugendmagazin

31 evtl handelt es sich bei diesem Zeichner um Ernö Zorad, (* 1911 Ungarn)?. Vornehmlich in ehemaligen DDR-Comics erschienen viele seiner – zumeist vor geschichtlichem Hintergrund spielenden – Comics auch in deutscher Übersetzung, die einen Vergleich mit westlichen Comics, etwa der frankobelgischen Szene, nicht zu scheuen brauchen. (www.ddr-comics.de)

32 siehe 26

33 Ende, Michael Andreas Helmuth, Dt. Kinder- und Jugendbuchautor (*12.11.1929 Garmisch-Partenkirchen)

34 Grass, Günter, Dt. Dichter (*16.10.1927 Danzig)

35 Heym, Stefan, Dt. Schriftsteller (* 10.4.1913 Chemnitz als Helmut Flieg/Hellmuth Fliegel, † 16.12.2001 Israel)

36 Braem, Harald, Dt. Schriftsteller (*23.07.1944 Berlin)

37 Ransmayr, Christoph(er), Österr. Schriftsteller (*20. März 1954 Wels/Oberösterreich)

38 Wolf, Christa, Dt. Dichterin (DDR), (*18.3.1929 Landsberg/Warthe)

39 Haushofer, Marlen, Österr. Schriftstellerin (*11.4.1920, † 21.3.1970)

40 Im englischen Text steht hier das Jahr 12.000 b.c, hier hat Eli Eshed wohl das ungefähre Alter Atlans mit dessen Strandung auf der Erde verwechselt.

41 Langhans, Heiko: Karl-Herbert Scheer – Konstrukteur der Zukunft, Moewig (2001)

42 Perry-Unser Mann im All, Moewig (1968-1975), 129 Hefte

#118 Countdown für Sodom und Gomorra

#119 Die Schlacht von Megiddo

#120 David und Goliath

43 Ernsting, Walter alias Clark Darlton, Dt. Schriftsteller (*13.6.1920 Koblenz)

44 Däniken, Erich von, Schweizer Schriftsteller u. „Sachbuch“-Autor (*1935 Zofingen/Schweiz)

45 Ernsting, Walter Der Tag an dem die Götter starben, Marion von Schroeder (1979). Aber bereits 1969 erschien das Buch in Frankreich und den USA (The Days The Gods Died)

46 Der Titel des ersten Buches Erich von Dänikens lautet ERINNERUNGEN AN DIE ZUKUNFT und ist das Schlußwort von Clark Darltons (= Walter Ernsting) Perry Rhodan-Roman Nr. 65 EIN HAUCH EWIGKEIT

47 Erich von Däniken: Meine Welt in Bildern, Knaur, 1975 (genehmigte Taschenbuchausgabe) " Die Abbildungen Nr. 155 und 157 zeigen Kugelraumschiffe (Rißzeichnungsausschnitte) der Perry Rhodan-Serie

Zurück